17
Oktober
2022
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09:27
Europe/Amsterdam

Regenerative Landwirtschaft ausweiten: ein Bericht von Kate Cacciatore

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Am 24. September 2022 wurde in den Niederlanden die Business Alliance for Regenerative Agriculture gegründet, die von Eosta, Climate Farmers und einer Gruppe von führenden Vertretern des globalen Wandels getragen wird. Kate Cacciatore, Leiterin der Abteilung für Nachhaltigkeit bei FigBytes Inc, einem kanadischen Unternehmen, das auf die Beratung zu ESG-Daten spezialisiert ist, nahm an dem Gipfel teil und schrieb einen ausführlichen und aufschlussreichen Bericht darüber, den wir nachfolgend wiedergeben.

Regenerative Landwirtschaft ausweiten: eine neue Unternehmensallianz geht voran 
By Kate Cacciatore
 

kate-cacciatore2Am 24. September 2022 nahm ich am Gründungstreffen der Business Alliance for Regenerative Agriculture (Unternehmensallianz für regenerative Landwirtschaft, kurz BARA) in den Niederlanden teil. Dort kamen Vertreter der Agrar-, Umwelt- und Ernährungsbranche zusammen mit dem Ziel, gemeinsam Wege zu entwickeln und zu erproben, wie Landwirte weltweit für Ihre Umweltdienstleistungen belohnt werden können. So soll dem Wandel hin zu einer vollständig regenerativen Landwirtschaft ein Schub verpasst werden. Wenn wir uns bewusst machen, welch fundamentale Rolle die Landwirtschaft für die Zukunft unseres Planeten spielt – und in Anbetracht ihres Potentials bei der Bindung von Kohlenstoff, der Erhaltung unserer Wasservorkommen, der Artenvielfalt und Nahrungssicherheit – lautet das Ziel der Allianz, gemeinsam Wege zu entwickeln und zu erproben, wie Landwirte für ihre Ökosystemleistungen belohnt werden können, um so den Übergang zu vollständig regenerativen Landwirtschaftsmethoden weltweit zu beschleunigen.

Im Laufe des Tages konnte ich viel über das faszinierende und zunehmend populäre Thema „Regenerative Landwirtschaft“ sowie über die damit verbundenen Herausforderungen und Chancen lernen – in einer Zeit, in der ein neues Dringlichkeitsbewusstsein innerhalb der Weltgemeinschaft die Notwendigkeit naturbasierter Lösungen für das Klima und die Ernährungssicherheit in den Vordergrund rückt. Als Laie und Neuling auf diesem Gebiet habe ich mir zum Ziel gesetzt, die grundlegenden Dynamiken und Spannungen zu verstehen und sie in groben Zügen zu skizzieren und so einem breiterer Publikum von Entscheidern und Nachhaltigkeits-Praktikern zugänglich zu machen.

Aus meiner Sicht kristallisierten sich im Laufe des Tages die folgenden übergreifenden Fragen heraus, die die Diskussion auf explizite und manchmal auch auf subtilere, implizite Weise prägten: Gibt es eine gemeinsame Definition und Vision für die regenerative Landwirtschaft, die die verschiedenen Perspektiven der unzähligen Akteure in diesem Bereich einbezieht? Wie sollte diese Gemeinschaft ihr Verhältnis zur industriellen Landwirtschaft bewerten – die vom Einsatz von Pestiziden und invasiven Praktiken dominiert wird – und wie sollte sie mit diesen Akteuren zusammenarbeiten (oder auch nicht)? Was sind die zugrunde liegenden Annahmen und Denkweisen, die uns zu der weitreichenden Zerstörung von Ackerland und der Natur im Allgemeinen geführt haben, und wie kann diese neu gegründete Allianz für regenerative Landwirtschaft uns zu einer neuen Denkweise befähigen, die auf Verantwortung, Verbundenheit und Fürsorge für Mensch und Natur beruht?

Ich möchte an dieser Stelle keine Definition für regenerative Landwirtschaft vorwegnehmen. Aber bevor wir weitermachen, sollten Sie ein Gefühl dafür bekommen, worüber wir hier sprechen. Denken Sie also an den ökologischen Landbau (ohne Pestizide) + eine Kombination der folgenden Punkte je nach lokalem Kontext und landwirtschaftlicher Tätigkeit: keine Bodenbearbeitung; Anpflanzung verschiedener Pflanzen- und Nutzpflanzenarten auf demselben Land (manchmal als Agroforstwirtschaft bezeichnet); Fruchtfolge mit gemischter Tierhhaltung. Wer sich dafür interessiert, sollte sich den vielbeachteten Dokumentarfilm Kiss the Ground mit Schauspieler Woody Harrelson ansehen, der einige überzeugende Beispiele für regenerative Landwirtschaft porträtiert.

Die Weichen stellen und das Ziel definieren

Es war ein grauer, regnerischer Samstag, als die Teilnehmer aus den Taxis stiegen und sich in einem Gebäude einfanden, das auf den ersten Blick wie ein Logistiklager aussah, sich dann aber als Hauptsitz unseres Gastgebers Eosta entpuppte – einem Pionier im weltweiten Vertrieb von Bio-Obst und -Gemüse (mit dem Ziel, regenerativ zu arbeiten). Ein Holzfeuer knisterte behaglich im Eingangsbereich der elegant eingerichteten Büroflächen, die nicht nur Platz zum Arbeiten, sondern auch Raum für Begegnungen und Rückzug bieten. Kurzum: es fühlte sich hier eher an wie ein gemütliches Refugium in den Bergen, weniger wie ein Firmensitz.

Eosta-Geschäftsführer Volkert Engelsman eröffnete den Tag mit einer fröhlichen Begrüßung der über 80 Teilnehmer, die nun auf den bequemen Stufen der geschwungenen Eichentreppe und auf den Stühlen im offenen Arbeitsbereich Platz genommen hatten – mitten im Gewerbegebiet an den Autobahnen A12 und A20, bei „herrlichstem“ niederländischen Wetter. Sogleich machte Volkert das Ziel dieser Zusammenkunft klar: die Krisen, die wir derzeit weltweit erleben würden, seien ein Spiegel unserer eigenen Entfremdung von uns selbst. Heute würde Profit auf Kosten der Menschen und des Planeten gemacht. Die Lösungen, die wir bräuchten, liegen in der Ganzheitlichkeit dessen, was wir sind, und in einem ganzheitlichen Ansatz, der die sozialen, ökologischen, wirtschaftlichen und spirituellen Dimensionen unserer menschlichen Erfahrung mit einbezieht.

Wie können wir also unsere Erfolgsindikatoren neu definieren, um einen Systemwandel zu erreichen, der im Dienst der Menschen und des Planeten steht? Jetzt sei der Moment gekommen, fuhr Volkert fort, um die co-kreativen Kräfte einer Koalition der Willigen zu bündeln, und die Landwirte für ihre Ökosystemleistungen und nicht nur für ihre Erträge zu belohnen. Dazu bräuchten wir gleiche Wettbewerbsbedingungen und die richtigen Anreize, wobei zu beachten sei, dass Übeltäter nicht belohnt werden. Es mache keinen Sinn, auf eine politische Lösung zu warten, sagte er. Wir bräuchten Pioniere, Prototypen und Vordenker, damit wir diese Brücke bauen können, während wir sie überqueren.

Volkert fasste zusammen: die neu gegründete Unternehmensallianz will auf der ökologischen Landwirtschaft aufbauen und ein Stück weitergehen – durch das gemeinsame Entwickeln von Ideen und einer „Comminity of Practice“ für die regenerative Landwirtschaft, durch das Erarbeiten von Messgrößen, Zertifizierungs- und Belohnungssystemen. Es bestehe zwar die Gefahr, dass große Unternehmen, die GVO und Pestizide einsetzen, den Begriff der „regenerativen Landwirtschaft“ für ihre Zwecke missbrauchen (z.B. indem sie weiterhin schädliche Pestizide einsetzen, aber auf die Bodenbearbeitung verzichten), doch sei es wichtig, dass diese Allianz nicht in ihrer eigenen grünen Blase bleibe. Man müsse einen Weg finden, das Ganze in größerem Maßstab zu etablieren – schließlich wolle man etwas bewegen.

Die Grundlage für gemeinsame Visionen und Leitprinzipien schaffen

Nach dieser leidenschaftlichen Rede, die bei den Zuhörern auf große Resonanz stieß, wurden wir unseren Co-Gastgebern für diesen Tag vorgestellt, Ivo Degn und Johannes Ebeling von Climate Farmers. Sie erklärten, wie unsere Interaktionen strukturiert sein würden, so dass das Ergebnis unseres Dialogs und unserer Zusammenarbeit zunächst einmal eine Charta und ein Manifest sein würde, mit denen das Bündnis ins Leben gerufen werden könnte. Die Absicht war auch, klare, gemeinsame Themen zu identifizieren, die anschließend in Arbeitsgruppen umgewandelt werden könnten, die sich mit dem decken, woran die Teilnehmer in ihren jeweiligen Organisationen bereits arbeiten. Während sich viele Teilnehmer im Stillen fragten, wie um alles in der Welt dies mit so vielen Stimmen und Perspektiven im Raum möglich sein sollte, wurde uns Ilana Wetzler vorgestellt, deren meisterhafte Moderationsfähigkeiten bald ihre Wirkung zeigten und alle Bedenken zerstreuten.

Anschließend wurden wir dazu eingeladen, uns in Zweier- und Dreiergruppen eine Reihe von Fragen zu stellen, um die Kreativität in Schwung zu bringen und unsere individuellen Visionen, möglichen Beiträge und auch blinden Flecken zum Thema regenerative Landwirtschaft kennenzulernen. Wir wurden auch aufgefordert, uns mit unseren Gefühlen zu verbinden, während wir diese Überlegungen anstellten und uns austauschten. Zwischen den einzelnen Gruppendiskussionen wurden die Teilnehmer aufgefordert, ihre Antworten der gesamten Gruppe mitzuteilen, so dass eine „Vision der Visionen“ und ein Mosaik aus unseren verschiedenen Antworten und Gefühlen entstehen und sich zu einem Entwurf für eine Reihe von Leitprinzipien zusammenfügen konnte.

Zu den Schlüsselwörtern gehörten: Dringlichkeitsbewusstsein, wissenschaftsbasiert, skalierbar, zirkulär, profitabel und ergebnisorientiert, aber auch Wiederverbindung, ganzheitlich, kontextspezifisch, lebensbejahend, gemeinschaftsorientiert und „Farmer first“ bzw. zuerst der Mensch. Es gab Verweise auf Transparenz, den Schutz und die Verbesserung der Produktionskapazitäten auf dem Land, auf Inklusion und die Akzeptanz von Unterschieden sowie auf das Lernen voneinander und die Offenheit für co-kreatives Spiel und zufällige Entdeckungen. Der emotionale Soundtrack, der sich in Form von Schlüsselwörtern herauskristallisierte, um die eher rationale Seite unseres Brainstormings zu begleiten, setzte sich aus einer Reihe unterschiedlicher Töne und Klänge zusammen: Handlungsdruck, Stress, Nervosität und Ohnmacht wurden durch Hoffnung, Verantwortung, Heilung, Gleichgewicht, Ganzheitlichkeit und Zusammenarbeit aufgewogen.

Nach einer vormittäglichen Kaffeepause wurden die Teilnehmer in acht Gruppen zu je 10 Personen eingeteilt und erhielten die Gelegenheit, sich mit den Grundsätzen zu befassen, die die Allianz bei ihrer Arbeit leiten sollen. In der Gruppe, der ich mich anschloss, mussten wir zunächst der Versuchung widerstehen, über technische Definitionen der regenerativen Landwirtschaft zu sprechen. Doch schon bald kristallisierten sich im Austausch immer mehr grundlegende Prinzipien heraus. Eines davon war, dass es wichtig ist, die Vision dessen zu definieren, was wir wollen, und nicht dessen, was wir nicht wollen. Zum Beispiel: „fruchtbare Böden“ statt „keine Pestizide“, „effektives Wassermanagement“ statt „Beseitigung der Wasserverschmutzung“. Ein weiterer Punkt war der Begriff der Gesundheit, sowohl in Bezug auf die Nährstoffqualität des Bodens und seine Fähigkeit, Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu binden, als auch in Bezug auf die Gesundheit und Widerstandsfähigkeit der lokalen Gemeinschaften, die das Land bewohnen und bewirtschaften, sowie der Kunden, die die dort erzeugten Produkte konsumieren.

Wir erkannten, wie wichtig das Bewusstsein für die jeweils andere Seite auf Produzentenebene und Konsumentenebene ist. Dies kann verstärkt werden, indem die Wertschöpfungsketten verkürzt werden; Loyalität kann entstehen, wenn wir mit dem, was wir konsumieren, bewusster umgehen. Wir wurden auch an Albert Einsteins berühmten Ausspruch erinnert: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind“, und an die Notwendigkeit, unsere Annahmen kollektiv zu hinterfragen und sie durch neue zu ersetzen, wenn sie sich als überholt und nicht hilfreich herausstellen.

In einer abschließenden Plenarsitzung vor dem Mittagessen, in der die Ergebnisse dieser Vertiefungen zusammengetragen wurden, kamen viele gemeinsame Grundsätze zum Vorschein, vermischt mit neu aufkommenden Themen und Fragestellungen. Wir hörten von der Notwendigkeit eines ergebnisorientierten Ansatzes auf der Grundlage solider Geschäftsprinzipien und von der Bedeutung, das Naturkapital wieder in die Bilanz aufzunehmen, indem die tatsächlichen Kosten der Ökosystemleistungen der Landwirte in einen realen Verbraucherpreis integriert werden, der gerecht mit den Landwirten geteilt wird. Es wurde nachdrücklich betont, dass die lokalen Gegebenheiten berücksichtigt werden müssen, da es keinen einheitlichen Ansatz für eine regenerative Landwirtschaft gibt, und dass alle Akteure befähigt werden müssen, am Wandel mitzuwirken. Ein überzeugendes Storytelling über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg und gegenüber der Öffentlichkeit wäre der Schlüssel, um so viel Verständnis und Nachfrage zu generieren, wie nötig wäre, um diesen Wandel zu vollziehen. Oder anders ausgedrückt: wir müssen Kopf, Herz und Hände vereinen und uns symbolisch „erden“.

Eine musikalische Einlage

In der Mittagspause hatten wir die Gelegenheit, einander zuzuhören und voneinander zu lernen, während im Mitarbeiterrestaurant in der obersten Etage eine große Auswahl an wunderbar zubereiteten Salaten, Suppen und Sandwiches serviert wurde. Erstaunlicherweise wurde das Mittagessen von klassischer Musik begleitet, die von einem Studenten des örtlichen Musikkonservatoriums live auf einem Flügel gespielt wurde. Wie man uns sagte, würde dies wöchentlich praktiziert, und häufig wurden Rachmaninow und Beethoven über die Lautsprecher in die Lagerhalle übertragen. Dies war ein weiteres unverwechselbares Merkmal der einzigartigen Unternehmenskultur bei Eosta, die sich aktiv darum bemüht, Mensch, Natur und Kunst in den Mittelpunkt ihres Geschäfts zu stellen.

In den Gesprächen, die ich führte, erfuhr ich von der Komplexität des Anbaus und des Handels mit Bio-Bananen und von den Herausforderungen, die sich bei der Erzielung fairer Preise aufgrund der von mächtigen Marktteilnehmern und Einzelhändlern beherrschten globalen Lieferketten ergeben. Ich hörte auch, wie mehrere Leute über die jüngste Konferenz der großen Agrarkonzerne zum Thema regenerative Landwirtschaft sprachen, was das Bewusstsein für die Spannungen zwischen den Interessen der großen Unternehmen, die vom Status quo profitieren, und denen, die wie wir einen radikalen Systemwandel und naturbasierte Lösungen anstreben, untermauerte.

Selbstorganisation für regeneratives Handeln

Nach dem Mittagessen wurden die Teilnehmer aufgefordert, ihre Ideen für eine gemeinsame Aktion zu einem der Hauptthemen und -bereiche, die sich im Laufe des Vormittags ergeben hatten, zu teilen. Nach einer zweiminütigen Vorstellung jedes Vorschlags wurden die etwa fünfzehn ursprünglichen Ideen auf sechs Gruppen aufgeteilt, die sich umgehend in verschiedene Sitzungsräume zurückzogen, um zu diskutieren und eine gemeinsame Grundlage für einen aktiven Arbeitsablauf zu finden.

Die Gruppe, an der ich mich beteiligte, hieß „Beyond Carbon Methodologies“ und beschäftigte sich mit der Frage, wie sich die positiven Auswirkungen regenerativer landwirtschaftlicher Praktiken, die Bodenqualität und Wasserrückhaltevermögen verbessern und die Artenvielfalt fördern, zuverlässig messen lassen. Wie wir hörten, sind transparente, praktische und wissenschaftlich belegte Messmethoden von entscheidender Bedeutung, um den Landwirten einen fairen Preis für ihre Umweltleistungen zahlen zu können. Eine zentrale technische Herausforderung war dabei die Frage, welche Maßeinheit verwendet werden sollte, da sowohl die Messung nach Produkten als auch nach landwirtschaftlichen Flächen wichtig ist, beide jedoch ihre Nachteile haben. Die Lösung könnte darin bestehen, mit der Messung in Bezug auf die landwirtschaftliche Nutzfläche zu beginnen und dann zu einer Produktbetrachtung überzugehen, um es den nachgelagerten Unternehmen zu ermöglichen, über die positiven Auswirkungen ihrer Produkte effektiv Auskunft zu geben.

Das Gespräch drehte sich auch um die Frage kluger Anreize, die auf den sehr kontextspezifischen Charakter der regenerativen Landwirtschaft zugeschnitten sein müssen. Wenn Landwirte Subventionen für Monokulturen erhalten, ist es sehr viel unwahrscheinlicher, dass sie ihre Anbauprodukte diversifizieren. Es wird daher von entscheidender Bedeutung sein, die politischen Entscheidungsträger auf eine Art und Weise einzubinden, die die Bemühungen der Fürsprecher zusammenführt. Wir hörten erneut, dass der dominierende Einsatz von Pestiziden das eigentliche Problem ist. Ein Teilnehmer wies darauf hin, dass es für Landwirte schwer sei, sich zu verbessern, wenn das System gegen sie ist. Um dies zu umgehen, ist es wichtig, die ergebnisorientierten Parameter in enger Verbindung zu bewährten regenerativen Verfahrensweisen zu entwickeln und die zu ihrer Verwirklichung erforderlichen staatlichen Maßnahmen zu skizzieren. Eine Bibliothek von Modellbeispielen und kontextspezifischen Leitfäden würde es den Landwirten ermöglichen, die Praktiken auszuwählen, die für ihre spezifische Region und landwirtschaftliche Tätigkeit am besten geeignet sind, während sie ausprobieren und dazulernen. Das finale Ziel wäre es, einen gemeinsamen Rahmen zu entwerfen, der auf den besten verfügbaren Methoden und Anbaupraktiken basiert, um die Landwirte auf ihrem Weg zu unterstützen und den Mentalitätswechsel von der extraktiven zur regenerativen Landwirtschaft voranzubringen.

Ein weiterer Schwerpunkt, den die Gruppe identifizierte, war die Vereinheitlichung der Dateninfrastrukturen. Es gibt viele Akteure im Bereich der regenerativen Landwirtschaft und es wurde bereits viel getan, um relevante Indikatoren zu entwickeln. Es bedarf daher gemeinsamer Anstrengungen, um wirksame Methoden und entsprechende Indikatoren mit neu entstehenden Definitionen und Standards abzustimmen.

Das selbstgeleitete Orchester spielt seine ersten Noten

Als die verschiedenen Gruppen zur Plenartreppe zurückkehrten und über ihre Diskussionen berichteten, fühlte es sich für mich an wie die Improvisationen einen sich selbst dirigierenden Jazz-Orchesters – eine Metapher, die häufig von denjenigen verwendet wird, die sich mit Teal- bzw. Selbstmanagement-Methoden beschäftigen (wer mehr darüber erfahren will, dem sei der Bestseller „Reinventing Organizations“ von Frédéric Laloux empfohlen).

Die erste Gruppe, die Bericht erstattete, war die Gruppe „Super Spreader“. Angeregt von den bereits stattfindenden Bemühungen entwarfen sie eine Vision von Tausenden von Modellfarmen in ganz Europa, die die Basis inspirieren und mobilisieren sollen – kreuzbefruchtet von Studenten, die auf den Farmen ausgebildet werden.

Die Gruppe „Farm in Äthiopien“ war als nächste an der Reihe und schlug vor, eine bereits bestehende Farm in Afrika innerhalb der Wertschöpfungskette von Eosta in einen Prototypen für die Anwendung, Messung und Ausweitung bewährter regenerativer Verfahren umzuwandeln. Das Projekt soll gemeinsam mit lokalen Akteuren wie Nicht-Regierungsorganisationen (als Vertreter der biologischen Vielfalt) und der Regierung (zur Förderung der Ernährungssicherheit) konzipiert und umgesetzt werden. Die „Farm in Äthiopien“-Gruppe griff die Überlegungen der „Super-Spreader“-Gruppe auf und unterstrich die wichtige Rolle einer Sprachrohr- bzw. Botschafterfigur, die die Fortschritte verfolgt und Erkenntnisse zusammenträgt.

Die Gruppe „Transformation einer Region" legte den Schwerpunkt auf das Experimentieren mit neuen „Best Practices“ auf Ebene einer ganzen Region – um so ein Erlebnis der Gastfreundschaft für die Verbraucher zu schaffen, das sie, ähnlich wie die Slow Food-Bewegung, direkt mit regenerativ arbeitenden Landwirten verbindet. Es wurde vorgeschlagen, dass diese auf eine Region ausgerichtete Initiative (wie sie übrigens in Ägypten und Spanien bereits praktiziert wird) ein Testballon auch für andere Arbeitsbereiche sein könnte.

Daran schloss sich die Gruppe „Consumer Awareness“ an und hob die Bedeutung des visuellen Geschichtenerzählens z.B. mit filmischen Mitteln hervor, um einen Eindruck davon zu vermitteln, wie die „regenerative Revolution“ aussehen und sich anfühlen könnte. Denn Weltuntergangsnarrative seien zwar wichtig, um die Notwendigkeit des Handelns hervorzuheben, sie haben aber einen dämpfenden Effekt auf die Moral und Motivation der Menschen. Ziel dieses Arbeitsbereichs wäre es, einen Bewusstseinswandel bei den Verbrauchern anstoßen und sie zu inspirieren, mitzumachen und durch ihr eigenes Verhalten etwas zu bewirken.

Nachdem auch die „Beyond Carbon Methodologies“-Gruppe die Früchte ihrer Arbeit präsentierte, war die Reihe an der Gruppe „Trading Positive Externalities“. Sie skizzierten Lösungsvorschläge für finanzielle Mechanismen, um Landwirten Anreize für die Einführung einer regenerativen Landwirtschaft zu geben. Ihre Idee: Marktlösungen für die Abbildung und den Handel mit positiven externen Effekten (d. h. den Umweltvorteilen regenerativer Landwirtschaftsbetriebe wie Kohlenstoffbindung, Wasserrückhalt und Artenvielfalt) entwickeln. Hierzu zähle auch die Koordinierung von Lobbyarbeit, um eine intelligente Politikgestaltung in dieser Richtung zu ermöglichen. Um dies zu erreichen, müsste aber zunächst das Ziel der „Beyond Carbon“-Gruppe – also die Harmonisierung von Messung, Validierung und Zertifizierung positiver Auswirkungen auf Farm-Ebene – erreicht werden.

Die Sektkorken knallen zur Gründung von BARA

Den ganzen Tag über motivierte uns unsere tolle Moderatorin Ilana mit der Aussicht auf Kaffee, Mittagessen, noch mehr Kaffee und schließlich Sekt, um den faktischen Start dieser im Bau befindlichen Brücke hin zu einer nachhaltigeren Zukunft zu feiern, der Business Alliance for Regenerative Agriculture. Während Johannes, Ivo und Volkert uns flink durch die sich abzeichnenden Pläne für die nächsten Schritte führten – einschließlich des Entwurfs eines formellen Manifests und der Aktivierung der Arbeitsgruppen – war hinter den Kulissen bereits das Knallen von Sektkorken zu hören. Ein Lachen ging durch die Zuhörer, die schon ungeduldig auf den Lohn für ihre kreativen Mühen warteten.

Als wir den großzügigen Gastgebern unseren Dank aussprachen und auf die gemeinsame Führungsarbeit anstießen, herrschte im Raum ein ausgeprägtes Gefühl der Wertschätzung und der positiven Erwartung. Wir hatten etwas Neues und Aufregendes in Gang gebracht, eine Open-Source-Initiative, die nun andere Akteure, die diese Vision teilen und Teil der Lösung sein wollen, einbeziehen und zu Ideen und Beiträgen einladen kann.

END OF REPORT